Höveler
Anatomie und Physiologie des Gastrointestinaltraktes (Verdauungsapparat)

Anatomie und Physiologie des Gastrointestinaltraktes (Verdauungsapparat)

Die einzelnen Vorgänge der Verdauung sind aufgeteilt in Futteraufnahme (Ingestion), Verdauung (Digestion), Aufsaugung (Resorption) und Ausscheidung (Exkretion).

Die Verdauung beginnt mit dem Maul des Pferdes. Hierfür wird mit der beweglichen Zunge, mit den Schneidezähnen und den Lippen Futter aufgenommen. Das Maul der Pferde dient zur Zerkleinerung der Nahrung, wobei die Zahl der Kauschläge bei mittelgroßen Pferden bei etwa 50 bis 60 Kauschlägen pro Minute liegt. Um 1 kg Rauffutter aufzunehmen benötiget ein Großpferd ca. 40 min, 1 kg Hafer wird in 10 min aufgenommen. Daraus resultiert die unterschiedliche Speichelbildung, denn während der Futteraufnahme wird das Futter im Maul eingespeichelt. Da für das Raufutter mehr Kauschläge und eine längere Kauzeit nötig ist, ist hier die Speichelproduktion deutlich höher als beim Kraftfutter. Wenn das Futter abgeschluckt wird, gelangt es durch die Speiseröhre in den Magen.

Der Magen des Pferdes ist ein einhöhliger Magen, indem mit Hilfe der Fundusdrüsensekrete wie z.B. Salzsäure oder Pepsinogen die Nahrung enzymatisch verdaut wird. Der Magen des Pferdes hat ein Fassungsvolumen von 8-15 Litern und ist damit im Vergleich zum restlichen Teil des Gastrointestinaltraktes relativ klein. Die anatomischen Begebenheiten der Speiseröhre und des Magens verhindern, dass Pferde erbrechen können. Damit kann ungeeignetes, schädliches Futter oder zu große aufgenommene Futtermengen nicht erbrochen werden.

Der Dünndarm des Pferdes ist in die drei Abschnitte Duodenum, Jejunum und Ileum aufgeteilt. Das Jejunum ist der Hauptverdauungsort und mit einer Länge von 17-28 m der längste Dünndarmabschnitt. Die Verdauung im Dünndarm findet enzymatisch statt. Die Verdauungsenzyme, die von der Bauchspeicheldrüse zur Verfügung gestellt werden, verdauen Proteine, Stärke und Fette. Die Jejunumschlingen besitzen eine auffallende Beweglichkeit und verändern häufig ihre Position, damit ist das Jejunum anfällig für Einklemmungen und Verlagerungen. Das Ileum ist 0,7 bis 0,8 m lang und hat aufgrund einer starken Ringmuskulatur ein relativ enges Lumen (Durchmesser) und ist damit eine Engstelle für den Nahrungstransport.  Da der Nahrungsbrei zusätzlich bis zu 30 min im Ileum verweilt, bevor er in das Caekum gelangt, kommt es in diesem Dünndarmabschnitt am häufigsten zu Obstipationen. 80-85% der Verstopfungen im Dünndarm entstehen dort. Der Dickdarm ist in die Abschnitte Caekum, Colon und Rektum gegliedert Das Caekum ist 1 m lang und hat ein Fassungsvermögen von 68 Liter.  Es ist der Ort der Cellulose Verdauung und gleicht damit einer Gärkammer. Bakterien und Protozoen zersetzen Gerüstsubstanzen und andere im Dünndarm unverdaute Nährstoffe. Bei einer Störung der Caekumfunktion kann es zu übermäßiger Eindickung des Nahrungsbreies oder zu extremer Gasbildung kommen, die möglichen Folgen sind Obstipationen oder Gaskoliken. Die Ursache der Störung kann eine Verschiebung der Mikroflora sein. Unter Mikroflora sind die im Darm lebenden Mikroorganismen wie Bakterien und Protozoen gemeint. Werden große Kraftfuttermenge mit hohem Anteil an Stärke, der nicht im Dünndarm verdaut werden kann, bei geringer Raufutterfütterung gefüttert, wird anstatt Essigsäure, viel Propion- und Buttersäure gebildet. Die Folge davon ist ein Abfall des pH-Wertes. Der Blinddarm übersäuert. Diese Übersäuerung (Acidose) führt dazu, dass die Mikroorganismen absterben. Bei einer anhaltenden Acidose entsteht zunächst eine Schleimhautschädigung. Wenn die Darmschleimhaut nicht mehr intakt ist können Endotoxine in die Blutbahn gelangen und in den empfindlichen Gefäßsystemen des Hufes Durchblutungsstörungen auslösen, was zu einer Hufrehe führen kann. Ein weiterer wichtiger Vorgang, der sich im Dickdarm abspielt, ist die Aufnahme von wasserlöslichen Vitaminen. Mikroorganismen synthetisieren große Mengen an Vitaminen der B und C Gruppen. Damit die Mikroorganismen vernünftig arbeiten können benötigen sie viel Faserstoffe aus schwerverdaulichen Kohlenhydraten wie Cellulose oder Pektinen. Im Colon und Rektum wird der Darminhalt durch Wasserentzug eingedickt Nach einer Passagedauer des Verdauungstraktes von etwa 50 Stunden werden die unverdauten Nahrungsbestandteile durch das Rektum ausgeschieden. Der Kot sollte einen Trockensubstanzgehalt von 20 bis 30 % aufweisen.

Quellen:

  • WISSODRF, H., GERDAHRDS, H., HUSKAMP, B., DEEGEN, E. (2002): Praxisorientierte Anatomie und Propädeutik des Pferdes. Hannover: Verlag M. und H. Schaper Alfeld.
  • LOEFFLER, K., GAEBEL, G. (2015): Anatomie und Physiologie der Haustiere. Suttgart: Verlag Eugen Ulmer.
  • GEHLEN, H. (2017): Differenzialdiagnosen Innere Medizin beim Pferd, Vom Leitsymptom zur Diagnose. Stuttgart: Enke Verlag.
  • DIETZ, O., HUSKAMP, B. (2016): Handbuch Pferdepraxis. Stuttgart: Enke Verlag.
  • MEYER, H., COENEN, M. (2014): Pferdefütterung. Stuttgart: Enke.
  • WINTZER, H.-J. (1997): Krankheiten der Pferde, Ein Leitfaden für Studium und Praxis. Berlin: Blackwell Wissenschafts Verlag.
  • GERBER, H. (1994) Pferdekrankheit, Band 1: Innere Medizin einschließlich Dermatologie. In: LOEFFLER, K.; STRAUCH, D. (Hrgs.) Erkrankungen der Haustiere. Stuttgart: Eugen Ulmer.
  • GERBER, V., GERBER, H., STRAUB, R. (2008): Untersuchungsmethoden beim Pferd. Stuttgart: Eugen Ulmer Verlag.
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